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Letzte Aktualisierung: 14. März 2024

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Update EU-Plattformarbeitsrichtlinie: Trilogeinigung durch Rat gebilligt

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 Katharina Hörmann
Katharina Hörmann
Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht
Telefon +49 (0)89-551 78-236 +mobil+ +49 (0)160-979 859 59

Nach mehreren gescheiterten Anläufen im Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU haben die EU-Beschäftigungsminister (EPSCO-Rat) am 11. März 2024 die Trilogeinigung vom Februar 2024 zur Plattformarbeitsrichtlinie gebilligt. Deutschland hat sich enthalten; auch Frankreich konnte dem Text nicht zustimmen. Alle übrigen Mitgliedstaaten unterstützten die Einigung.

Die gesetzliche Vermutung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie ihre Widerlegung durch die Plattform soll nach dem Einigungstext auf nationalen Verfahren anstatt EU-Kriterien beruhen. Für diesen Ansatz haben die deutschen Arbeitgeber intensiv geworben.

Inhalte der Einigung

  • Beschäftigungsstatus: Die Mitgliedstaaten müssen Verfahren zur Überprüfung des Beschäftigungsstatus von Plattformarbeitern bereitstellen. Die Bestimmung eines Arbeitsverhältnisses soll hauptsächlich auf den Fakten der tatsächlichen Arbeitsleistung basieren, einschließlich der Verwendung automatisierter Systeme in der Plattformarbeit.
  • Anwendung und Widerlegung der gesetzlichen Vermutung: Ein Vertragsverhältnis zwischen einer digitalen Arbeitsplattform und einer Plattformarbeit leistenden Person soll als rechtliches Arbeitsverhältnis betrachtet werden, wenn Tatsachen festgestellt werden, die gemäß den nationalen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder nationalen Gepflogenheiten auf Kontrolle und Steuerung hindeuten. Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, soll die Plattform beweisen müssen, dass kein entsprechendes Arbeitsverhältnis vorliegt. Um das Verfahren zugunsten von Plattformarbeitern zu erleichtern, sollen die Mitgliedstaaten hierzu eine widerlegbare gesetzliche Vermutung des Arbeitsverhältnisses festlegen (Beweislastumkehr). Diese Vermutung gilt für Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, mit Ausnahme von Steuer-, Straf- und Sozialversicherungsverfahren.
  • Algorithmisches Management: Die Richtlinie enthält Einschränkungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Plattformen müssen Beschäftigte, deren Vertreter und nationale Behörden über den Einsatz automatisierter Systeme informieren. Darüber hinaus müssen Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Entscheidungen, die von automatisierten Systemen getroffen werden, regelmäßig von Menschen überwacht und bewertet werden, unter Einbeziehung von Arbeitnehmervertretern. Digitale Plattformen sollen außerdem Schutzmaßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ergreifen.

Bewertung

Es ist bedauerlich, dass es nun trotz des anhaltenden Widerstandes gerade aus der FDP doch noch zu einer Einigung kam.

Aus Arbeitgebersicht erfreulich ist jedoch, dass der angenommene Rechtstext gegenüber den Vorentwürfen erheblich abgeschwächt wurde. Für die Feststellung eines Beschäftigungsstatus müssen keine Mindestanzahl an („europäischen“) Kriterien oder Indikatoren für Kontrolle und Weisung vorliegen. Die Gefahr des Eingriffs in den nationalen Arbeitnehmerbegriff über europäische Kriterien, vor der wir im ganzen Prozess sehr gewarnt haben, ist damit gebannt! Auch erfolgt das Auslösen der Rechtsvermutung nicht automatisch, sondern muss aktiv von Plattformen oder Arbeitnehmervertretern ausgelöst werden. Allerdings fordert die Richtlinie von den Mitgliedstaaten die Festlegung einer “wirksamen widerlegbaren gesetzlichen Vermutung des Arbeitsverhältnisses”, die im aktuellen deutschen Arbeitsrecht (§ 611 a BGB) derzeit nicht besteht.

Die Regelungen zum Algorithmischen Management könnten möglicherweise zu umfangreich sein und zu mehr Bürokratie führen. Die Transparenzpflichten und Informationsanforderungen an digitale Plattformen könnten die unternehmerische Freiheit einschränken und die digitale Entwicklung in Unternehmen hemmen. Die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen zum Algorithmischen Management soll als Blaupause für zukünftige EU-Gesetze, wie z.B. den Einsatz von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz, dienen.

Weiteres Verfahren

Das Europäische Parlament und der Rat müssen dem Text nun formal zustimmen. Mit dem Abschluss des Verfahrens können wir bis etwa Juni rechnen. Die dann startende Umsetzungsfrist in nationales Recht beträgt zwei Jahre. Von den deutschen Gesetzgebern sollte die Richtlinie so umgesetzt werden, dass sie nur echte digitale Plattformen betrifft und von der Möglichkeit der Anwendung der gesetzlichen Vermutung in Sozialversicherungsfragen keinen Gebrauch macht.

Eine detaillierte Analyse und Bewertung des Rechtstexts finden Sie unten am Text in einem gesonderten Artikel aufbereitet.

Wir halten Sie über die weiteren Schritte auf dem Laufenden.

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