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Themen und Services/Europa

Letzte Aktualisierung: 28. Februar 2023

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Aktuelle Entwicklungen bei der EU-Wertschöpfungskettenrichtlinie

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 Beate Neubauer
Beate Neubauer
Soziale Marktwirtschaft, Alterversorgung, Sozialversicherung, Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung, Grundsicherung/Bürgergeld, Gesundheitswirtschaft, Nachhaltigkeit, CSR, Zuwanderung
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Allgemeine Ausrichtung im Rat

Der Rat der Europäischen Union hat eine allgemeine Ausrichtung zur EU-Wertschöpfungskettenrichtlinie („Corporate Sustainability Due Diligence“) erzielt. Die nun gefundene Ausrichtung der Mitgliedsstaaten im Rat verbessert zwar in Teilen die Vorschläge der EU-Kommission, insgesamt überwiegen aber nach wie vor die kritischen Punkte. Die Bundesregierung unterstützt die gefundene Allgemeine Ausrichtung. Der Rat wird nun auf Basis der gefundenen allgemeinen Ausrichtung in die Trilogverhandlungen eintreten.

Durch die Allgemeine Ausrichtung im Rat werden folgenden wesentliche Anpassungen am Richtlinienentwurf der EU-Kommission vorgesehen:

Anwendungsbereich:

Die Schwellenwerte des Anwendungsbereichs werden aus dem Kommissionsvorschlag (500 Arbeitnehmer und 150 Millionen Euro Umsatz bzw. 250 Arbeitnehmer und 40 Millionen Euro Umsatz) zunächst unverändert übernommen. Allerdings schlägt der Rat eine gestaffeltes in Kraft treten vor. So soll die Richtlinie zunächst nur für Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitern und 300 Millionen Euro Umsatz einschlägig sein, nach einer dreijährigen Übergangsphase gelten dann die o.g. Schwellenwerte.

Umfang:

  • Der Begriff der Wertschöpfungskette wird durch den Begriff der Aktivitätenkette („chain of activities“) ersetzt. Der Fokus innerhalb der Aktivitätenkette soll dabei weiterhin aufwärts auf allen Ebenen der Zulieferer liegen. Bei allen nachgelagerten Ebenen soll der Bereich der Verwendung des Produkts ausgeschlossen sein. Beachtet werden müssen aber Aspekte wie z. B. die Entsorgung.
  • Der Begriff der „etablierten Geschäftsbeziehungen“ wird ersatzlos gestrichen und durch einen risikobasierten Ansatz ersetzt. Dieser soll jedoch keine Auswirkungen auf den Umfang der Sorgfaltspflichten haben. Es soll lediglich eine abgestufte Herangehensweise bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten möglich sein.

Sanktionen und Haftung:

  • Die im Kommissionsvorschlag noch recht offen gelassene Möglichkeit für Sanktionen bleibt weiterhin erhalten.
  • Die bisherigen Regeln für die zivilrechtliche Haftung werden konkretisiert. Voraussetzung für eine Haftung soll sein, dass eine individuelle Pflicht schuldhaft verletzt wurde und daraus kausal die Beeinträchtigung eines Schutzbereichs entstanden sei.
  • Die mit dem Kommissionsvorschlag eingeführten Verpflichtungen für Unternehmensleiter, die sogenannten „directors duties“ werden ersatzlos gestrichen.

Unten im Download-Bereich finden Sie eine Gegenüberstellung von Gesamtmetall zu den Pflichten nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der Allgemeinen Ausrichtung im Rat zur EU-Wertschöpfungskettenrichtlinie.

Entwicklungen im Europäischen Parlament

Die Berichterstatterin für das Europäische Parlament (EP), Lara Wolters (S&D, Niederlande) fordert in ihrem Entwurf eines Berichts massive Verschärfungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag. Sie möchte u. a. den Anwendungsbereich nochmals deutlich ausweiten, bis zu Unternehmen mit nur 50 Beschäftigten in den "High-Impact-Sektoren". Auch sie unterstützt die Idee der Kommission, die Sorgfaltspflichten für die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen vorzuschreiben und will die Liste an dabei zu beachtenden europäischen und internationalen Rahmenwerken nochmals deutlich ausweiten. Sie fügt in ihrem Entwurf hier neben Menschenrechten und Umweltbelangen noch die zusätzliche Kategorie der "guten Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung" ein. Darüber hinaus unterstützt auch sie die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für Schäden bei Dritten und fordert darüber hinaus die Möglichkeit von Sammelklagen.

Zu dem Bericht von Lara Wolters sind zahlreiche Änderungsanträge eingegangen. Zudem haben weitere Ausschüsse des EP ihre Berichte, bzw. Änderungsanträge abgestimmt.

Leider überwiegen die Änderungsanträge, die eine weitere Verschärfung des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission vorsehen.

Es werden teils drastische Absenkungen der Schwellenwerte und erhebliche Ausweitungen bei den Sektoren und einzelnen Sorgfaltspflichten vorgeschlagen. Diese Ideen sind noch unpraktikabler als der bereits ambitionierte Kommissionsvorschlag. Unternehmen stehen mit einer derartigen Ausweitung vor noch mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit. Ein Schutz vor Überforderung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen wäre dann in keinerlei Hinsicht gewährleistet

Konstruktiv sind vor allem Vorschläge aus den Reihen der EVP und Renew. Die Änderungen, die eine Orientierung an den Leitsätzen der OECD fordern oder mit denen die Einführung eines risikobasierten Ansatzes verfolgt wird, machen die Richtlinie für Unternehmen handhabbarer. Auch die einzelnen Forderungen einer Beschränkung auf die Lieferkette und die direkten Zulieferer sind richtig und zu begrüßen.

Bewertung und weitere Entwicklung

Mit der nun gefundenen Allgemeinen Ausrichtung im Rat erhärtet sich leider die Gefahr, dass durch die EU-Wertschöpfungskettenrichtlinie praxisferne Maßnahmen zur Lieferkettenregulierung auf den Weg gebracht werden und es zu einer massiven Überlastung vor allem von KMU kommt. Schon das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellt eine massive Herausforderung für Unternehmen dar. Noch weitreichendere Vorgaben sind in der Praxis nicht umsetzbar.

Im federführenden JURI-Ausschuss müssen nun die Berichterstatterin und die Schattenberichterstattern die zahlreichen Änderungsanträge zusammenzuführen und Kompromisse verhandeln. Über diesen Kompromiss muss dann der JURI-Ausschuss final abstimmen, damit der Bericht dann dem Plenum des EP vorgelegt werden kann. Sofern das Plenum den Bericht annimmt, wird dieser dann als Verhandlungsmandat des EP in den Trilogverhandlungen dienen.

Bislang war die Schlussabstimmung im JURI-Ausschuss für März 2023 vorgesehen, dieser Termin fürfte jedoch kaum zu halten sein. Entsprechend dürfte sich das Verfahren verzögern. Allerdings besteht im EP offenbar ein großer Einigungswille und die Zielsetzung, das Verfahren noch innerhalb der laufenden Legislaturperioder der EU-Kommission abzuschließen.

Information

Gegenüberstellung LkSG und Allgemeine Ausrichtung Rat zur Wertschöpfungsketten-Richtlinie

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