Letzte Aktualisierung: 17. April 2024
Studie
Wertschöpfungsketten, Geopolitik, Transformation – Herausforderungen für das deutsche Geschäftsmodell
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Deutschland und Bayern haben in besonderem Maße von der Globalisierung profitiert. Um die Zukunftsfähigkeit unseres Geschäftsmodells zu sichern, müssen wir auf die außenwirtschaftlichen Herausforderungen reagieren.
Außenwirtschaftliche Herausforderungen
Die geopolitischen Spannungen werden anhalten und eher noch größer werden. Daei nehmen nationale (Sicherheits-)Interessen einen größeren Stellenwert ein als früher und wirken sich auch auf die Wirtschaft aus. Protektionistische Maßnahmen gewinnen immer mehr an Bedeutung, auch in westlichen, marktwirtschaftlichen Systemen. Die WTO als Institution der multilateralen Weltwirtschaftsordnung ist geschwächt, vor allem kann sie der Streitschlichtungsfunktion – einer ihrer Kernaufgaben – nicht nachkommen. Deshalb gewinnen bilaterale und regionale Handelsabkommen an Bedeutung, die EU kommt hier aber nicht voran.
Folgen einer De-Globalisierung
Eine Stagnation der Internationalisierung oder gar eine De-Globalisierung hätte erhebliche negative Folgen für Europa und insbesondere für Deutschland und Bayern. Der Export ist für rund ein Drittel der Wertschöpfung in Deutschland verantwortlich, knapp elf Millionen Erwerbstätige produzieren für den Export. Zwar wird über die Hälfte unseres Außenhandels mit den übrigen EU-Partnern abgewickelt, im Hinblick auf unsere großen Handelspartner China und USA sind die Risiken und Unsicherheiten weitaus größer.
Mögliche Strategien
Eine Rückkehr einer größeren Globalisierungsdynamik ist auf absehbare Zeit sehr unwahrscheinlich. Daher ist eine Strategie des „Weiter so“ mit großen Risiken verbunden. Umgekehrt wäre auch ein konsequentes De-Coupling falsch. Dies würde letzten Endes zu einer Blockbildung führen und die Geschäftsmöglichkeiten für unsere Wirtschaft massiv einschränken. Als weniger radikale Strategie käme eine umfangreiche Verlagerung der Wertschöpfungsketten in Betracht – in Form von Re-Shoring, Near-Shoring oder Friend-Shoring. Dadurch werden die außenwirtschaftlichen Risiken verringert, gleichzeitig werden die Absatz- und Beschaffungspotenziale reduziert, was mit Effizienzverlusten einhergeht.
Am sinnvollsten erscheint eine Strategie des De-Risking durch eine verstärkte Diversifizierung. Dadurch wird die Abhängigkeit von einzelnen Märkten und den damit verbundenen Risiken reduziert. Die De-Risking-Strategie lässt Raum für unternehmerische Aktivitäten auf allen Märkten weltweit. Allerdings steigt mit der Diversifizierung die Komplexität des Auslandsgeschäfts, was Mehraufwand bedeutet.
Die EU muss ihre Position stärken
Eine Revitalisierung der multilateralen globalen Zusammenarbeit ist unwahrscheinlich. Realistischer ist eine De-Globalisierung, was mit enormen Risiken für unser Geschäftsmodell verbunden ist. Die USA und China werden nicht nur die geopolitischen, sondern auch die geoökonomischen Entwicklungen bestimmen. Die EU muss ihre Position im künftigen Weltwirtschaftssystem finden. Die Unternehmen benötigen bei der De-Risking-Strategie die Unterstützung der Politik. Das heißt, die EU muss sich für eine Stärkung und Wiederbelebung der WTO einsetzen und zugleich neue Freihandelsabkommen schließen.